Am 04. März 2023 haben wir die unten stehende Petition beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags eingereicht. Die Mitzeichnungsfrist ist bereits abgelaufen. Aktuell wird unser Anliegen vom Petitionsausschuss bearbeitet. Der Petitionsausschuss informiert uns, sobald neue Ergebnisse vorliegen.
PETITION
Mit der Petition wird eine wissenschaftliche und transparente Aufklärung des Post-Vac-Syndroms gefordert. Das Krankheitsbild muss politisch und medizinisch anerkannt werden. Es müssen Maßnahmen wie die Entwicklung von Diagnoseverfahren, Schaffung medizinischer Versorgungsstrukturen sowie Investitionen in die dringend benötigte Erforschung der Krankheitsmechanismen ergriffen werden. Betroffenen muss umgehend medizinische sowie sozialrechtliche Versorgung zur Verfügung gestellt werden.
BEGRÜNDUNG
Die Bekämpfung der COVID-19-Pandemie war die letzten Jahre von hoher gesellschaftlicher Bedeutung. Durch die zügig entwickelten COVID-19-Impfstoffe ließen sich die Anzahl schwerer Krankheitsverläufe und die dadurch hervorgerufenen Todesfälle reduzieren. Dennoch mehren sich innerhalb der letzten zwei Jahre die Berichte von schweren Impfnebenwirkungen [1].
Viele Betroffene berichten von langanhaltenden Long-Covid-ähnlichen Beschwerden seit Impfung. Prof. Schieffer der Uniklinik Marburg, der sowohl Post-Covid- als auch Post-Vac-Patient*innen betreut, berichtet von einer hohen Übereinstimmung beider Krankheitsbilder [2]. Die Erkrankung tritt in unterschiedlichen Schweregraden auf und kann bis zu einer anhaltenden Bettlägerigkeit führen. Ein Großteil der Post-Vac-Betroffenen erfüllt zudem die Kanadischen Kriterien zur Diagnose von ME/CFS – eine Erkrankung, die in den vergangenen Jahrzehnten ebenfalls eine große medizinische und gesellschaftliche Vernachlässigung erfahren hat [3].
Adäquate medizinische Versorgung gibt es für Post-Vac-Betroffene keine. Aufgrund von Unwissenheit, mangelnder Anerkennung oder Stigmatisierung werden den Erkrankten in der hausärztlichen aber auch in der fachärztlichen Versorgung häufig fälschlicherweise psychosomatische Ursachen diagnostiziert [4]. Dies führt nicht selten zu schädigenden Therapiemaßnahmen [5]. Anlaufstellen in Fachzentren und Universitätskliniken gibt es kaum, die Mehrzahl der Post-Covid-Ambulanzen lehnt die Behandlung von Post-Vac-Patient*innen ab. Die wenigen Ambulanzen, die für Betroffene zugänglich sind (z.B. die Post-Vac-Ambulanz der Uniklinik Marburg) berichten von Wartelisten mit mehreren Tausend Patient*innen [6].
Nach wie vor fehlen Therapiemaßnahmen für Post-Vac-Betroffene, ebenso wie für Post-Covid- und ME/CFS-Erkrankte. Aufgrund großer Überschneidungen dieser Krankheitsbilder, ist eine gemeinsame Betrachtung der Erkrankungsmechanismen sinnvoll. An dieser Stelle besteht enormer Forschungsbedarf.
Aufgrund anhaltender Arbeitsunfähigkeit sowie erhöhter finanzieller Belastungen für medizinische Maßnahmen stehen viele Betroffene vor Existenznöten. Anträge auf Anerkennung von Impfschäden nach dem Infektionsschutzgesetz werden für das Post-Vac-Syndrom bisweilen von den zuständigen Landesbehörden abgelehnt [7].
Aufgrund unzureichender Erhebung kann die Anzahl von Post-Vac-Betroffenen bis heute nicht beziffert werden [8].
Wir Post-Vac-Betroffene sind dem Aufruf der Bundesregierung zur COVID-19-Impfung nachgekommen, haben uns solidarisch gezeigt und uns impfen lassen – nicht nur zu unserer eigenen Sicherheit, sondern auch, um vulnerable Gruppen zu schützen. Nun sind wir Erkrankte selbst Teil der vulnerablen Gruppe und bitten daher die Bundesregierung sich solidarisch mit uns zu zeigen: Lassen Sie uns nicht im Stich!
Mit dieser Petition setzen wir uns für eine wissenschaftliche und transparente Aufklärung von schweren Impfnebenwirkungen ein und distanzieren uns ausdrücklich von Querdenker*innen und Coronaleugner*innen.
ERGÄNZENDE ERLÄUTERUNGEN UND LITERATURVERWEISE
[1] Innerhalb der letzten 16 Monate gab es zahlreiche Medienberichte über Impfnebenwirkungen und das Post-Vac-Syndrom. Neben Veröffentlichungen in Science und dem Ärzteblatt, berichteten unter anderem auch der MDR und die ARD in mehreren Beiträgen von Betroffene. Eine Auflistung verschiedener Medienbeiträge ist in der Rubrik Medienberichte hinterlegt.
[2] Prof. Schieffer, Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin sowie Leiter der deutschlandweit einzigen Post-Vac-Ambulanz am Universitätsklinikum Marburg, hat seine derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisse in einer Bürgervorlesung vom 22.02.2023 zusammengefasst. Die Vorlesung findet sich hier: https://www.youtube.com/watch?v=IqK2SixsMbw
[3] Weiterführende Informationen zu der Erkrankung Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom – kurz ME/CFS - finden sich unter anderem bei der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS e.V. (https://www.mecfs.de/) und bei Fatigatio e.V (https://www.fatigatio.de/).
[4] Die Mehrheit der Betroffenen berichtet innerhalb der Betroffenen-Community von dieser Art der Falschdiagnosen. Auch in den Fernsehbeiträgen von MDR exactly und der ARD wird auf diese Problematik eingegangen:
MDR: https://www.ardmediathek.de/video/exactly/post-vac-syndrom-wie-betroffene-unter-den-folgen-einer-corona-impfung-leiden/mdr/Y3JpZDovL21kci5kZS9iZWl0cmFnL2Ntcy8wODAyOWRjNi1hZTkzLTRhYTUtYTcxMy0xZjJjNGU5YWZkNTI?playtime=1758
ARD: https://www.daserste.de/information/ratgeber-service/hirschhausens-check-up/videos/hirschhausen-und-long-covid-video-102.html
[5] Viele Betroffene berichten, dass sie in psychosomatischen aber teilweise auch in auf Post-Covid spezialisierten REHA-Einrichtungen mit Bewegungstherapie behandelt wurden. Diese Art der Therapie führt bei den meisten Post-Vac-, Long-Covid- und ME/CFS-Patient*innen aufgrund einer vorliegenden Belastungsintoleranz (Post Exertional Malaise) zu einer körperlichen Zustandsverschlechterung. Davon berichtet unter anderem auch der Spiegel: https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/long-covid-und-me-cfs-wenn-selbst-zum-zaehneputzen-die-kraft-fehlt-a-40ad1f13-4c45-4323-acf2-25bd930b01f5
[6] In einem Fernsehbeitrag des ZDF vom 19.01.2023 berichtete Prof. Schieffer von über 6.000 Patient*innen auf der Warteliste der Post-Vac-Ambulanz Marburg: https://www.zdf.de/nachrichten/heute-19-uhr/heute-19-uhr-vom-19-januar-2023-100.htm
[7] Bisher wurde nur eine sehr geringe Anzahl von Anträgen auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Infektionsschutzgesetz bewilligt. Dies betrifft in der Regel Gesundheitsstörungen, die bereits offiziell als Impfschäden anerkannt sind (wie z.B. Sinusvenenthrombosen und Myokarditiden). Bewilligte Anträge im Rahmen des Post-Vac-Syndroms sind bisher nicht bekannt. Sowohl der NDR als auch der MDR berichteten zu diesem Thema:
NDR: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Niedersachsen-15-Corona-Impfschaeden-anerkannt,corona11284.html
MDR: https://www.ardmediathek.de/video/exactly/post-vac-syndrom-wie-betroffene-unter-den-folgen-einer-corona-impfung-leiden/mdr/Y3JpZDovL21kci5kZS9iZWl0cmFnL2Ntcy8wODAyOWRjNi1hZTkzLTRhYTUtYTcxMy0xZjJjNGU5YWZkNTI?playtime=1758
[8] Ohne medizinische Anerkennung und definierte Diagnosekriterien des Post-Vac-Syndroms fehlen die Grundlagen für eine systematische Erfassung. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) schreibt in seinem Sicherheitsbericht vom 07.09.2022, dass das Post-Vac-Syndrom „keine definierte Bezeichnung einer Erkrankung“ darstelle. Demnach ist unklar wie das PEI mit Meldungen von Post-Vac-typischen Symptomen umgeht. Auch findet ein Monitoring der gemeldeten Erkrankungen nicht statt, weshalb eine Aussage über Verläufe unmöglich ist. Zusätzlich wird berichtet, dass Mediziner*innen Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen häufig nicht an das Paul-Ehrlich-Institut melden, wie beispielsweise MDR Plusminus und auch der Spiegel berichteten.
MDR: https://www.ardmediathek.de/video/plusminus/impfschaeden-wie-deutschland-bei-der-erforschung-hinterherhinkt/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3BsdXNtaW51cy80MGUxNDdmOS0yMTNlLTRhMGEtOTBjNi1jMGFjMzFjMjA3YWU
Spiegel: https://www.spiegel.de/gesundheit/post-vac-syndrom-unerklaerliche-symptome-nach-der-corona-impfung-und-alle-ducken-sich-weg-a-6b3ea94e-138f-4ed0-b459-d86377daf08b